So versuchen Bewerber, die Personalabteilung zu täuschen - \"das ist eine neue Stufe der Trickserei\"
Arbeitssuchende wenden immer raffiniertere Methoden an, um Arbeitgeber zu täuschen. Ein polnisches Unternehmen hat beispielsweise mit einem gefälschten Videointerview versucht, einen nicht existierenden, von einer KI generierten Bewerber einzustellen. Obwohl es sich um einen Extremfall handelt, wird das Problem immer häufiger: Auch die Personalabteilung hat zunehmend die Aufgabe, Bewerbungen herauszufiltern, die nichts mit der Realität zu tun haben.

Ein durch künstliche Intelligenz erzeugter gefälschter Bewerber hätte es fast bis in die vierte Runde eines Vorstellungsgesprächs bei einem polnischen Unternehmen geschafft, so ein Artikel in The Register, in dem der Gründer von Vidoc Security Lab die Geschichte erzählt. Das Ziel hinter der gefälschten Identität war es, eine IT-Stelle zu bekommen und ihn dann zu erpressen. Obwohl es sich um einen extremen Fall handelt, tritt das Problem immer häufiger auf, meint der Personalexperte Attila Katkics, der sagt, dass nicht mehr nur Videointerviews, sondern auch Lebensläufe kritisch zu betrachten sind.
"Bewerber nutzen inzwischen routinemäßig KI: Spektakuläre Lebensläufe, vorgefertigte, aber gut klingende Anschreiben können in wenigen Sekunden erstellt werden, und einige KI-Anwendungen können sogar Antworten auf Interviewfragen generieren. Das wäre an sich kein Problem, aber wenn jemand sie auf unethische Weise oder zur Verschleierung seiner Fähigkeiten einsetzt, kann das leicht ein Betrug sein", sagt Attila Katkics.
Die Betrugsfälle sind nur die Spitze des Eisbergs
Nach Ansicht des Experten besteht die Aufgabe der Personalverantwortlichen heute nicht nur darin, den besten Bewerber zu finden, sondern auch diejenigen herauszufiltern, die sich aus der Arbeit anderer ein eigenes Image aufbauen - oder gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch erscheinen.
"Vor ein paar Jahren war die größte Lüge, wenn jemand behauptete, ein Excel-Profi zu sein, aber nicht wusste, welche Farbe sein Symbol hatte. Heute sind wir an einem Punkt angelangt, an dem jemand das Bild einer völlig anderen Person in einem Live-Video manipuliert. Das ist eine neue Stufe der Trickserei", fügt der Experte hinzu.
Wann ist es ethisch vertretbar, KI bei der Stellensuche einzusetzen?
Künstliche Intelligenz gehört heute zum Handwerkszeug fast jedes Arbeitssuchenden - aber es kommt nicht nur darauf an, wie man sie einsetzt. Der Personalexperte Attila Katkics sagt, dass eine klare Grenze zwischen ethischer, unterstützender Nutzung und absichtlicher Täuschung gezogen werden muss.
"Es ist absolut akzeptabel und kann sogar nützlich sein, wenn jemand KI nutzt, um seinen Lebenslauf zu bearbeiten, seine Erfahrungen zu organisieren oder den Stil eines Motivationsschreibens zu verbessern", erklärt er.
Das Gleiche gilt für die Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche: Wenn ein Arbeitssuchender einen Chatbot für ein Probevorstellungsgespräch nutzt oder KI-generierte Fragen zum Üben beantwortet, gilt das als Selbstverbesserung. Das Problem beginnt, wenn jemand die Antworten wortwörtlich auswendig lernt, ohne zu verstehen, was sie sagen - oder wenn die Antwort selbst nicht von ihm stammt.
"Wenn das Anschreiben eines Bewerbers so formelhaft ist, dass es auch mit dem Namen jedes anderen Bewerbers funktionieren würde, kann es verdächtig sein. Noch problematischer ist es aber, wenn jemand beispielsweise den Lebenslauf eines anderen Bewerbers oder das Bild eines anderen Bewerbers in einem Videointerview verwendet - das ist eindeutig Betrug", warnt Katkics.
Die Antwort der Personalabteilung: Liebe zum Detail
Erfahrene Personalverantwortliche erkennen schon an den kleinsten Anzeichen, dass etwas nicht stimmt. So kann es zum Beispiel verdächtig sein, wenn das Anschreiben eines Bewerbers so schablonenhaft ist, dass es auch mit dem Namen eines beliebigen anderen Bewerbers funktionieren würde.
"Routine kann man nicht ersetzen. Ein guter Personalverantwortlicher achtet nicht nur darauf, was gesagt wird, sondern auch wie. Er stellt Rückfragen, bewegt den Bewerber, bringt ihn in unerwartete Situationen und beobachtet seine Reaktionen. Denn am Ende des Tages stellt man nicht nur den Papierkram ein, sondern die Person selbst"
Da sich die Deepfake-Fälle häufen, erkennen immer mehr Menschen:
HR ist nicht mehr nur eine Frage der "menschlichen Fähigkeiten", sondern auch der Sicherheit
.Unternehmen müssen darauf vorbereitet sein, Bewerber nicht nur zu bewerten, sondern auch zu überprüfen.
"Authentifizierung, Hintergrundprüfungen und persönliche Interaktion werden in den kommenden Jahren noch wichtiger werden", warnt Attila Katkics.
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